Zwischen Pandemie und Erschöpfung
Rien ne va plus, nichts geht mehr. Die letzten zweieinhalb Jahre seit Praxisübernahme und davon die Hälfte im Corona-Ausnahmezustand mit Lockdown, haben deutliche Spuren hinterlassen. Ständig neue Auflagen, veränderte Bestimmungen und ein immer größer werdender Widerstand gegen die Maßnahmen zermürben nicht nur mich.
Wahnsinnig viele Menschen – mit denen ich so spreche – sind an ihrer mentalen Belastungsgrenze und können nicht mehr. Lockdowns, Schulschließungen, Masken und Abstandsregeln machen den Alltag der Leute zu einem mentalen Horror. Wo vor etwas über einem Jahr noch Unsicherheit und Sorge wegen der eigenen Gesundheit eine sehr große Rolle spielte, stehen sich immer unversöhnlicher zwei Lager gegenüber, die die Meinung des jeweils anderen fast schon verteufeln.
Die Nerven der Menschen liegen ganz oft blank, die mentale Zündschnur ist oft vollständig runtergebrannt, so dass jeder kleinste Funke zu Ausbrüchen und emotionalen Explosionen führt.
Anspannung auf allen Ebenen
Das merke ich jeden Tag in der Praxis. Die Entwicklung und die Anspannung macht auch vor dem Team nicht halt.
Es kostet immer mehr Kraft, den Laden zusammenzuhalten und die Gespräche mit den Patienten sind auch immer anstrengender und angespannter.
Das ist angesichts der Situation zwar kein Wunder, aber deshalb nicht weniger kräftezehrend.
Neuer Standort. Neues Miteinander.
Zudem haben wir seit diesem Jahr einen zweiten Standort übernommen. Das bedeutet zusätzliche Mitglieder im Team über zwei Praxen verteilt, ganz neue Abläufe in der Zusammenarbeit und neue Patienten, die wieder an uns und unser Konzept herangeführt werden müssen.
Reden, erklären und immer wieder klarmachen, dass das zwar die gleiche Eingangstür wie letztes Jahr ist, aber die Dinge jetzt anders gehandhabt werden.
Tiefenentladen – und jetzt? Raus aus der Erschöpfung!
Und jetzt ist der Punkt gekommen, an dem ich mir eingestehen muss, dass ich längst meine Reserven aufgebraucht habe und mein Akku tiefenentladen ist.
Ich bin platt und kann nicht mehr. Zudem habe ich das Gefühl, dass ich keine Ahnung habe, wie ich da wieder rauskommen soll.
Glücklicherweise habe ich bereits seit einiger Zeit den Kontakt zu Verena Faden. Bislang zwar nur über Instagram, aber Alex hat für mich einen Termin bei ihr in Konstanz vereinbaren können.
Verena begleitet nicht nur ganz viele Ärzte und Zahnärzte als Coach, sondern bildet sie auch als Führungskraft aus.
Das steht aber im ersten Schritt nicht im Vordergrund, weil ich erstmal den völligen Breakdown verhindern will.
Ich hatte es ja schon geahnt, aber wie weit vorne bei mir selbst die Reise zu einer guten Führungskraft beginnt, war mir so konkret noch nicht bewusst.
Aber Verena begleitet und lotst mich souverän durch die ersten Schritte. Wir beschäftigen uns mit meinem Persönlichkeitstypen, also mit der Frage „Wie ist meine persönliche und emotionale Grundstruktur?“. Was bedeutet das für mich selbst, für meinen Umgang mit den vielen unterschiedlichen Situationen und Anforderungen in meinem Alltag?
Vor allem aber, was bedeutet das für meinen Umgang mit anderen Menschen?
Zurück zu mir – Selbstfürsorge wird zur Führungsaufgabe
Zuallererst hat der Umgang mit mir selbst oberste Priorität. Wie kann ich bei all den Aufgaben und Anforderungen, die sich aus der Praxis ergeben, gut auf mich aufpassen?
Was brauche ich, um langfristig meine Energie zu erhalten bzw. wieder aufzutanken?
Wie muss ich meine Auszeiten gestalten und wie sieht idealerweise mein Arbeitsalltag aus, dass ich typgerecht für mich gut arbeiten kann, ohne ständig Raubbau an meiner Energie zu betreiben?