2020: Führen im Blindflug – Was die Krise von mir verlangt hat

Dr. Petra Sophie Volz mit Maske

Durchstarten mit Hindernis

Wow, was ein Hammer. Wir sind in das zweite Jahr der Praxis gestartet, haben neue Teammitglieder an Bord geholt und wollen weiter durchstarten.

Und jetzt sind wir zur Vollbremsung gezwungen, weil ein Corona-Virus uns in einen Lockdown zwingt. Patienten abbestellen, Behandlungen strecken, weil immer nur noch eine Ärztin mit Minimalbesetzung gleichzeitig in der Praxis sein soll.

Für diese Situation kennt keiner einen Masterplan oder hat eine klare Vorstellung davon, was jetzt richtig und falsch ist.

Während wir alle zusammen und auch ich selbst eine große Unsicherheit spüren, kommen tausend Gedanken in meinem Kopf.

Was bedeutet das wirtschaftlich und können wir alle halten, die jetzt bei uns sind? Wie groß ist die Gefahr einer Behandlung mit Sprühnebel tatsächlich und was bedeutet das für unsere eigene gesundheitliche Sicherheit?

Verantwortung in unsicheren Zeiten

Auch wenn ich selbst die Antworten auf die meisten Fragen nicht kenne, wir von mir bzw. von uns Führung und eine klare Richtung erwartet.

Und während wir selbst uns noch mental sortieren und versuchen ein klares Bild der Situation zu bekommen, sind wir mit heftigen Emotionen der Mitarbeiter konfrontiert, die verständlicherweise auch Angst haben. Um sich selbst und um gesundheitlich vorbelastete Angehörige.

Gleichzeitig ist klar, dass wir auf ein wirtschaftliches Desaster zusteuern, wenn wir den Laden einfach zusperren oder nur noch Notfallversorgungen anbieten.

Dr. Petra Sophie Volz in Parkhaus unter Slogan

Vom Alltag zur Ausnahmesituation – Führung unter Druck

Wir müssen eine Entscheidung treffen und verantworten, ohne alle Aspekte zu kennen bzw. final beurteilen zu können, die dazu eine Rolle spielen könnten.

Das ist wie das Steuern eines Schiffes auf stürmischer See, wenn alle Navigationsinstrumente ausgefallen sind und die Sterne am Himmel von Gewitterwolken verdeckt sind. Du bist im Blindflug und musst trotzdem entscheiden und den Kurs vorgeben, ohne zu wissen, ob Du richtig liegst.

Das ist eine heftige Herausforderung für mich als Führungskraft, die dieses Handwerk eigentlich gerade erst beginnt zu lernen. Es geht schlagartig nicht mehr um die Frage, ob der Praxisalltag gut organisiert ist, ob jeder seinen Aufgaben nachkommt oder mal einen Hinweis braucht, Dinge sorgfältiger zu erledigen.

Es geht auf einmal darum, mit starken Ängsten Einiger umzugehen und das Team mit sehr unterschiedlichen Haltungen zu der Situation zusammenzuhalten. Es geht darum eine klare Linie vorzugeben, die der Praxis den Weiterbetrieb ermöglicht und gleichzeitig den Schutz der Gesundheit von Patienten und Mitarbeitern zu sichern.

Hier bin ich in Sachen Führung von knapp über Null auf Vollgas katapultiert, was die Erwartung der Anderen angeht. So lernst Du auf die harte Tour und ich hoffe, dass wir rückblickend nicht allzu viele Fehler gemacht haben.

In jedem Fall habe ich sehr deutlich an mir selbst bemerkt, wie ich in solchen mental und emotional reagiere.

Diese Selbsterkenntnis ist für meine weitere Führungstätigkeit sehr wertvoll, weil ich mich selbst noch einmal von einer ganz neuen Seite kennengelernt habe.

Dr. Petra Sophie Volz

Gute Führung beginnt bei mir selbst

Überhaupt erscheint mir die Beschäftigung mit sich selbst für die eigene Führungskompetenz eine zentrale Rolle zu spielen.

Wenn ich eine gute Führungskraft werden will, muss ich zuerst wissen, wie ich gut mit mir selbst umgehe. Diese Beschäftigung mit sich selbst erfordert Zeit und Freiraum, was beides in dieser Phase einfach nicht wirklich möglich ist.

Aber ich bleibe dran.